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Von Raumplanung zu Organisationsgestaltung

Dies ist Blog-Beitrag Nr. 1 und passenderweise geht es darum, wer ich bin, was ich mache und warum ich es tue!

Auf geht`s!


Etappe 1: Büroplanung

Mein Weg zu JWLS führte mich mitten durch die Büromöbelbranche: als Raumgestalterin habe ich viele Jahre lang Unternehmen bei Umbau und Neubauvorhaben und der Umsetzung von New Work-Initiativen begleitet, zunächst in der Planung, dann immer mehr ausschließlich in der Beratung und in der Begleitung von den partizipativen Prozessen, die letztlich zum Raumkonzept führten.


Oft habe ich Workshops mit Vertretern aus der Belegschaft gemacht, bei denen es darum ging, genau heraus zu arbeiten, was die Menschen in den Unternehmen denn wirklich brauchten, um gut zu arbeiten und was sie wirklich wollten, um sich wohlzufühlen.

Nicht selten wurde mir von unseren Auftraggeberinnen auch aufgetragen, die Menschen für die Veränderungsmaßnahmen im Allgemeinen und die Umgestaltung hin zu offeneren Bürostrukturen im Speziellen zu ermutigen.


Man hatte auf der Geschäftsführungsebene beschlossen, dass ein "New Work" - Konzept zukünftig das Richtige sei, hatte aber noch Sorge, ob die Leute da mitgehen würden.

Anfangs hat mich die Arbeit sehr erfüllt, weil ich das Gefühl hatte, einen echten Beitrag für die Verbesserung der Arbeitswelt zu leisten! Allerdings – nach und nach beobachtete ich, dass, obwohl die Resonanz in den Workshops und auf die Planungen eigentlich immer positiv war, das Ergebnis von Firma zu Firma sehr unterschiedlich war. Es gab die einen, in die kam man nach der umgesetzten Maßnahme, und blickte in strahlende Gesichter und hörte Erfolgsgeschichten sowohl in Bezug auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter, die Qualität der Meetings, die zufriedenen Kundinnen – und dann gab es die anderen, da kam man rein und die schönen neuen Besprechungsinseln wirkten irgendwie verwaist, insgesamt war es recht still, jede einzelne Mitarbeiterin saß konzentriert mit Headset vor ihrem Bildschirm und es war keine Spur von diesem lebendigen Spirit aus Austausch und Zusammenarbeit, den man so im Allgemeinen mit New Work und New Offices verbindet.


Etappe 2: Von der Desillusionierung zur Prozessbegleiterin

Natürlich fragte ich mich, woran das lag und fasste mir erstmal an die eigene Nase. ich dachte:


"Wenn ich den Prozess nur noch besser mache, DANN werden die Projekte erfolgreich!"

Besser hieß in dem Fall die Vorstellung, die Leute noch besser abzuholen, noch tollere Bilder zu zeigen, noch mehr best practices aus anderen Firmen heranholen, um damit noch mehr Motivation zu entfachen.


Ich begann außerdem eine Weiterbildung zur Coach und Prozessbegleiterin mit der Folge, dass die Workshops tatsächlich immer besser wurden und die Leute wirklich noch begeisterter waren und ich sogar die Grummelköpfe und Zweiflerinnen für die schöne neue Arbeitswelt gewinnen konnte!

Nur am Ergebnis änderte das nichts. Es gab immer noch die Erfolgsunternehmen und die, in denen sich außer dem wertigeren und geschmackvolleren Inventar nicht viel geändert hatte.


Nichts ist so praktisch wie eine gute Theorie!

Etappe 3: Echte Erkenntnis durch Organisationssoziologie

Ich musste also weiter forschen und landetet schließlich bei der Organisationssoziologie.

Die Soziologie ist ja irgendwie die wissenschaftliche Disziplin, die die Dinge des Alltags betrachtet und fragt: warum ist das was ist eigentlich so, wie es ist?

Und damit begann meine Lernreise und mir erschlossen sich Folgen, Folgenlosigkeit und unbeabsichtigte Nebenfolgen von Veränderungsmaßnahmen in einer völlig neuen Klarheit. Ich beschloss für mich, noch immer inspiriert von meinem eigentlichen Ziel, die Arbeitswelt ein Stückchen besser zu machen, mir die Wirkfaktoren in Organisationen mal genauer vorzuknöpfen.

Wichtigste Erkenntnis in diesem Zusammenhang:


Die Erwartung der Organisation überschreibt das Design des Raums. Immer.

In einer Organisation gibt es bestimmte Erwartungen. Die einen werden durch formale Regeln und Prozesse dargestellt, die anderen sind die, die nirgendwo geschrieben stehen, aber trotzdem jeder und jede weiß, dass es so gemacht wird. Diese Erwartungen sind gleichermaßen mächtig.

Der Raum ist im Vergleich zu beispielsweise Hierarchie, Arbeitszeitenregelung oder Berichtswegen ein relativ schwaches Strukturelement – er funktioniert nicht voraussetzungsfrei. Steht er im Widerspruch zu anderen Strukturmerkmalen, bleibt er nahezu wirkungslos. Ist er im Einklang mit den expliziten und impliziten Erwartungen wirkt er als Verstärker. Ein Beispiel:


"Wir brauchen mehr Agilität - wir brauchen agile Räume!"

Agilität ist aktuell in aller Munde. Eigentlich schreit jeder nach mehr Agilität, denn angesichts immer mehr Marktdynamik versagen alte Steuerungsmechanismen. Agilität scheint überall zur nicht mehr geheimen Geheimwaffe geworden zu sein und beinahe jedes Unternehmen versucht sich in Scrum, Kanban oder fängt mal vorsichtig mit einem „Kreativraum“ an.

Aber was steckt denn jetzt hinter dem Versprechen, neue offene inspirierende Bürokonzepte sorgen für mehr Agilität, verleiten die Mitarbeitenden dazu, auch mal „out of the box" zu denken?


Mir sind in meiner Zeit als Beraterin für Bürokonzepte drei Fälle begegnet:


1.) Das Unternehmen hat bereits vorher agil gearbeitet oder ändert gerade in Teilen seine Arbeitsweise. In diesem Prozess unterstützen die Räume dies im besten Fall optimal und verstärken die positive Wirkung


2.) Der häufigere Fall: Das Unternehmen ist nicht agil aufgestellt und erhofft sich nun von neuen Raumkonzepten mehr „Kreativität“ und dass die Mitarbeitenden endlich nicht mehr nur „Dienst nach Vorschrift“ machen.

Im besten Fall freuen sich die Mitarbeitenden nun über die unterschiedlichen Arbeitsmöglichkeiten und sitzen über den Tag weniger auf ihrem Drehstuhl. Das ist Ihrer Gesundheit zuträglich und steigert so ein bisschen das Wohlbefinden. An der eigentlichen Arbeit ändert das aber nichts.

Denn nur weil man körperlich agil ist, ist man noch nicht geistig agil.


3.) Ganz blöd ist es, wenn das Unternehmen traditionell organisiert ist und die eigentliche Arbeit nun durch die Räumlichkeiten erschwert wird. Zum Beispiel, weil man sich zwar jeden Morgen einen neuen Platz suchen und sich dort einrichten muss, dass aber überhaupt keinen Effekt auf die Qualität der Arbeit hat und nur Zeit kostet. Oder weil man plötzlich in offenen Bürostrukturen sitzen muss, in denen sich diese Person aber nur schlecht konzentrieren kann und daher viel mehr im Home Office arbeitet, wo er oder sie aber nur einen Laptop hat und keine 2 27“ Bildschirme.


Vielleicht ist es auch nicht ganz so dramatisch und in guter Absicht machen die Mitarbeitenden, obwohl sie den Sinn gar nicht sehen, mit beim agilen Theaterspiel – machen plötzlich Brainstorming und Design Sprints, um dann wieder an Ihren Platz zurückzukehren und die „echte“ Arbeit zu tun.


Was kann man also besser machen?

Nun ja, die erste Frage könnte schon mal lauten:


Wenn Agilität die Antwort ist, was ist dann die Frage?

Hier empfiehlt sich als erstes natürlich eine Begriffsklärung. Agilität ist die Anpassungsfähigkeit von Organisationen an noch unbekannte Herausforderungen und das iterative Erarbeiten neuer Lösungen. Das bedeutet: Agilität mach überall dort Sinn, wo es noch kein Wissen gibt.

Und für einen großen Teil der Wertschöpfung in vielen Organisationen trifft das in dieser Form erstmal gar nicht zu.

Es ist also sinnvoll, am Anfang immer auf die individuelle Wertschöpfung der Organisation zu schauen und zu unterscheiden, für welche Bereiche Wissen vorhanden ist. Läuft es in diesem Teil nicht so gut, ist Agilität wahrscheinlich nicht die Lösung, sondern es lohnt sich, den Prozess zu optimieren und einen „Best Way“ hin zu Qualitätssicherung und Effizienz zu finden.

Gibt es Bereiche, die einer hohen Dynamik ausgesetzt sind, reicht es hier nicht, nur Raum für mehr Kreativität zu schaffen, sondern man muss auch den Verzicht auf einen Anteil an Steuerung in Kauf nehmen, damit dieser Dynamik begegnet werden kann. Erst dann kann man durch Räume, die ein Höchstmaß an Mittel Freiheit bieten diese Agilität unterstützen.


Der Abbau von Steuerung ist ein großer Eingriff in das Organisationsdesign und hat wiederum weitreichende Folgen und Nebenfolgen für die Organisation.

Was macht dieses Beispiel deutlich?

"Structure eats the Room for breakfast" oder so ähnlich…

Wenn wir nachhaltigen Erfolg mit dem neuen Raumdesign erzielen wollen, dann müssen wir neue Fragen stellen:

Statt „Wie wollen wir zukünftig arbeiten?“ sollten wir fragen „Welche Art der Arbeit wird zukünftig unsere Wertschöpfung sichern?“

Statt “Wie soll unser Bürokonzept aussehen“ sollten wir fragen „Welches Problem wollen wir mit unserem Bürokonzept lösen?“ und von dort aus müssen wir noch viel konkreter werden.


Daher bin ich der festen Überzeugung, dass Strategie und Organisationsdesign vor und dann auch nochmal mit dem Raum gedacht werden müssen, um mit der Investition in die Räume auch echte Wirksamkeit zu erzielen.


Darum arbeite ich heute nicht mehr als Raumplanerin, sondern als Organisationsgestalterin. Das wichtigste dabei: Das Problem hinter dem Problem aufdecken und besprechbar machen, die Kultur- und Strukturmuster der Organisation erkennen und gemeinsam mit den Unternehmen wirksame Interventionen für echte Veränderung entwickeln!




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