Organisationen - von Methoden, Werkzeug und echtem Handwerk
Tools, Tools, Tools!
Wenn wir über Veränderung und Transformation in Unternehmen lesen, meint man auf der Baustelle zu sein, so häufig kommt sie, die Frage nach den Tools:
Welche Tools nutzt ihr schon? Habt ihr schon Kommunikations-Tools? Management-Tools, neue Software-Tools?
Ich bin Tischlerin und weiß gutes Werkzeug zu schätzen.
Allerdings, was da so oft als Werkzeug verkauft wird, hat mit Werkzeug häufig wenig gemein. Denn wäre es ein Werkzeug, dann könnte es zwar Nutzen versprechen, aber würde sich nicht festlegen, welchen.
Dies ist den meisten Führungspersonen mit einem handfesten Problem auf dem Tablet aber zu wenig. Man wünscht sich Sicherheit, Messbarkeit, Kontrolle und den Anfang und das Ende von Prozessen.
Wenn nach effektiven neuen Tools gerufen wird, dann wird sich in Wirklichkeit häufig nach einer Methode gesehnt, die ein gewünschtes Ziel garantiert. „Change Management“ soll sicherstellen, dass der Veränderungsprozess nicht scheitert, „Advanced Analytics“ soll die Sicherheit über zukünftige Entscheidungen vermitteln und „Agiles Projektmanagement“ suggeriert den gesteuerten Umgang mit Dynamik (Vorsicht: Oymoron!).
Hinter diesen Begriffen verbergen sich somit keine Werkzeuge, sondern Methoden und die dahinter liegende Hoffnung, dass, unabhängig von den mit den Aufgaben betrauten Personen und den individuellen Unternehmensstrukturen, solange die Methode nur gut einführt und dann sehr genau verfolgt wird, sich ein Erfolg nach bestem Beispiel einstellen müsste.
Eine Illusion, wie tausende von gescheiterten Veränderungsprozessen illustrieren.
Das Problem: Eine Methode passt meist zu genau einem Problem. Dafür wurde sie entwickelt und je detaillierter sie beschrieben ist, desto unflexibler ist sie. Demgegenüber steht das Werkzeug: Ich kann mit einem Hammer einen Nagel einschlagen oder meine verleimte Platte beschweren – es hängt von meinem Problem und meiner Kreativität ab, ob ich damit erfolgreich bin.
Tatsächlich ist ein Werkzeug immer nur so gut, wie diejenige die es führt, je größer das Talent und die Übung, desto besser das Ergebnis. Dies widerspricht natürlich dem tayloristischen Gedanken, die Arbeit vom Personal unabhängig so zu gestalten, dass jede und jeder ersetzbar ist. Aber Taylor hatte auch andere Probleme vor der Nase, als die meisten Unternehmen von heute. In Zeiten, in denen „the one best way“ Erfolgsfaktor war, weil man eben mit Sicherheit sagen konnte, wie sich die Märkte entwickeln, war der Effizienzgedanke eine Errungenschaft.
Es wird schnell deutlich, dass in unserer von Dynamik geprägten Zeit ein solches Vorgehen versagt. Wenn es noch keine Lösung gibt, wenn es auf die guten Ideen von Talenten im Unternehmen ankommt, ist die Methode ein Hemmschuh!
Unternehmen tun also gut daran, sich auch im Kontext der Organisationsentwicklung weniger auf Methoden zu konzentrieren, als sich vielmehr nützliche (Denk)Werkzeuge anzueignen!
Aber wo fängt man da an?
Ich habe eingangs schon geschrieben, dass ich mein Berufsleben als Tischlerin begonnen habe.
Mittlerweile ist das lange her und seit 2006 arbeite ich überwiegend am Schreibtisch oder in Interaktionen mit anderen Menschen und bei den unterschiedlichsten Kunden.
Trotzdem werde ich, wenn das Gespräch auf meine Ausbildung kommt, häufig gefragt: „Ach, Du bist Tischlerin? Toll, da baust Du Dir bestimmt ganz viel selber, oder?“
Früher habe ich meist geantwortet: „Ich hätte schon Lust dazu, aber ohne richtige Werkstatt und die entsprechende Ausstattung geht das einfach nicht wirklich.“
Mittlerweile gibt es daher in unserem Keller wenigstens eine kleine designierte Ecke, um eben doch immer mal wieder in der Lage zu sein, das eine oder andere Möbelstück selber zu bauen oder anzupassen. Da aber auch noch Platz für Fahrräder, Wintersportausrüstung und Ähnliches sein musste, galt es von Anfang an, wohl überlegt auszusuchen, welche Gerätschaften angeschafft wurden und welche nicht.
Also fiel die Wahl vor allem auf die Werkzeuge, die beinahe in jedem Projekt zum Einsatz kommen. Bleistift, Meterstab, Akkuschrauber, Säge - damit kann man schon eine ganze Menge anfangen!
Überraschend ähnlich erlebe ich es auch in der Organisationsgestaltung – natürlich ist es fancy, auch das eine oder andere Spezial-Tool zu haben!
Aber wenn ich eines nennen müsste, das ich in jedem, wirklich jedem Projekt als nützlich erachte, dann ist es ganz unspektakulär: „von klein nach groß, vom Abstrakten zum Konkreten.
WERKZEUG NR.1: ... vom Abstrakten zum Konkreten
Zu oft werden große Change Initiativen ausgerufen, abstrakte Wunschvorstellungen geäußert und mit Appellen nach mehr Vertrauenskultur, Agilität und Kollaboration gespickt. Kulturwandel!
Aber: Organisationen sind Spannungsfelder aus unterschiedlichen Interessen. Immer. Dies macht es schwer, befriedigende Lösungen für alle Anwendungen zu finden. Immer. Man dreht sich im Kreis und kommt nicht voran.
Dabei liegt die große Chance darin, vom Abstrakten ins Konkrete zu kommen:
Was ist los in genau diesem einen Team, bei genau dieser bestimmten Arbeit, in genau diesem Projekt? Was ist das Problem? Wo wird Arbeit schwer? Und wie geht die Organisation damit um?
Vielleicht gibt es Ähnlichkeiten zu anderen Projekten, ganz sicher gibt es Unterschiede. Für die Ähnlichkeiten kann man Grundsatzentscheidungen finden. Für die Unterschiede braucht es Ausnahmen.
So kann man sich Lösungen annähern, die dem Wesen der Organisation gerecht werden.
Mein Tipp für alle Organisationen, die sich mit Veränderung beschäftigen: startet klein und konkret!
Nicht, weil ihr die große Veränderung scheut, sondern weil dies die Chance erhöht, Probleme und deren Ursachen wirklich zu begreifen und Lösungen zu entwickeln, die der Komplexität und Individualität Eurer Organisation gerecht werden.
ÜBRIGENS:
Dieser Beitrag ist Teil der Blogparade "Dein bester Tipp für wirksame Arbeit an Organisationen". Alle Beiträge der Kolleginnen und Kollegen, die ebenfalls teilgenommen haben können Sie hier finden:
https://dennis-arntjen.de/blog/hacks-fuer-wirksame-arbeit-an-organisationen/
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